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News

Aktive Bewegungsschienen nach Kreuzbandriss

Kniegelenk stabilisieren, Schmerzen und Schwellungen reduzieren, langfristige degenerative Veränderungen im Knie (Kniearthrose) verhindern sowie die Fähigkeit wiederherstellen, den Beruf oder Sport auszuüben – das sind die Behandlungsziele der Rehabilitation nach einem Kreuzbandriss (häufig nach einer Operation).
Ob Patientinnen und Patienten mit einem Riss des vorderen Kreuzbands während der Rehabilitation vom selbständigen Training mit aktiven Bewegungsschienen (CAM-Schiene, CAM = Continuous Active Motion, eine Schiene ohne Motor), die das betroffene Bein mobilisieren, profitieren im Vergleich zur Physiotherapie allein, konnte auch eine dritte Studie nicht zeigen: Die Herstellerstudie an Patientinnen und Patienten im häuslichen Bereich nach einer operativen Rekonstruktion des vorderen Kreuzbands liefert keine Daten, aus denen sich ein Nutzen ableiten ließ.
Deshalb bleibt es im aktuellen Rapid Report bei demselben Ergebnis, zu dem das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bereits im Mai 2017 bei seiner Nutzenbewertung kam: Es gibt keinen Anhaltspunkt für einen Nutzen oder Schaden der sogenannten CAM-Schienen bei Patientinnen und Patienten mit einer operativ versorgten vorderen Kreuzbandriss. Studien zu Personen ohne Operation fehlen weiterhin, laufende oder geplante Studien wurden nicht identifiziert.

Abbruch der Erprobungsstudie nach Interimsauswertung

Nach der ersten Nutzenbewertung des IQWiG im Jahr 2017 setzte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das Bewertungsverfahren für CAM-Schienen beim Kreuzbandriss bis 31.10.2023 aus, um das Potenzial der Methode als eine Behandlungsalternative gegenüber der standardisierten physiotherapeutischen Rehabilitation in einer Erprobungsstudie (gemäß § 137e SGB V) klären zu lassen. Daraufhin startete ein Hersteller auf eigene Kosten eine entsprechende Studie, die allerdings bald abgebrochen wurde. Der Hersteller begründete den Abbruch mit Schwierigkeiten, genügend Teilnehmende für die Studie mit CAM-Schienen zu finden, nachdem ab 2019 die CPM-Schienen (CPM = Continuous Passive Motion, eine Schiene mit Motor) immer üblicher wurden. Die bis dahin generierten Studiendaten zeigten zu keiner der untersuchten Zielgrößen einen Vor- oder Nachteil der Methode gegenüber einer Rehabilitation ohne Schiene.

Zum Ablauf der Berichtserstellung

Der G-BA hatte das IQWiG im Dezember 2023 beauftragt, den Bericht zu aktiven Kniebewegungsschienen zur Selbstanwendung bei Rupturen des vorderen Kreuzbandes, eine Aktualisierung zum Auftrag N16-01, in einem beschleunigten Verfahren als „Rapid Report“ zu erarbeiten. Zwischenprodukte wurden daher nicht veröffentlicht und nicht zur Anhörung gestellt. Dem Auftraggeber ist dieser nun veröffentlichte Rapid Report am 03. Juni 2024 zugegangen.

Originalpublikation:
https://www.iqwig.de/projekte/n23-02.html

Gesundheit auf der Überholspur

Von autonomen Fahrfunktionen über fortschrittliche Sicherheitstechnologien bis hin zu hochentwickelten Infotainment-Systemen – die technischen Innovationen moderner Autos, die regelmäßig auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) präsentiert werden, begeistern viele Autofans. Dabei wird ein entscheidender Komfortfaktor leider häufig übersehen: der Autositz. „Ein ergonomischer Sitz ist das Rückgrat jeder komfortablen und gesunden Fahrt“, sagt Detlef Detjen, Geschäftsführer der Aktion Gesunder Rücken (AGR) e. V. Seit 1995 zeichnet der unabhängige Verein ergonomische Produkte, darunter auch rückenfreundliche Autositze, mit dem AGR-Gütesiegel aus.

Durchschnittlich 9,2 Stunden verbringen die Deutschen werktags im Sitzen – einen Großteil davon im Auto. 68% der deutschen Pendlerinnen und Pendler nutzen den PKW für den Arbeitsweg und stehen – oder besser „sitzen“ – jährlich bis zu 79 Stunden im Stau. „Ein Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad bringt Bewegung in den Alltag und tut dem Rücken gut. Wenn sich lange Autofahrten aber nicht vermeiden lassen, kann ein ergonomischer Autositz Rückenschmerzen vorbeugen“, betont Detjen. Seit fast 30 Jahren zeichnet das medizinische Expertengremium der AGR besonders rückenfreundliche Autositze nach umfassender Prüfung mit dem AGR-Gütesiegel aus.

Ergonomie auf Rädern: so findet man Autositze mit AGR-Gütesiegel

„In den letzten Jahrzehnten hat sich bei den führenden Autoherstellern in Hinblick auf die Ergonomie einiges bewegt. Die Nachfrage nach rückenfreundlichen Autositzen steigt auch auf Seiten der Kunden. Viele Modelle sind bereits serienmäßig mit AGR-zertifizierten Autositzen ausgestattet, bei manchen können sogar die Rücksitz-Passagiere rückenfreundlich mitfahren“, sagt Detjen.

Das AGR-Gütesiegel dient als fachlich anerkannter Maßstab für gesunde Autositze. Dennoch gibt es auch weiterhin Sitze, die kaum den grundlegenden ergonomischen Anforderungen entsprechen und den Rücken bei längeren Fahrten teils aufs Äußerste strapazieren. „Für Kunden ist es nicht immer leicht, sofort den Unterschied zu erkennen“, sagt der AGR-Experte. Die Webseite der AGR (www.agr-ev.de/autositze) bietet daher eine Übersicht, welche Automodelle unter welchem Produktnamen mit AGR-zertifizierten Sitzen ausgestattet sind.

Wer keinen rückenfreundlichen Sitz im Auto hat, muss nicht gleich ein neues Auto kaufen: kompatible Ergo-Sitze können in den meisten gebrauchten Fahrzeugen auch nachgerüstet werden.

Eine Frage der Einstellung: richtig sitzen, entspannt fahren

Damit ein Autositz das Gütesiegel „Geprüft und empfohlen“ erhält, muss er viele Kriterien erfüllen. Zu den Mindestanforderungen zählen unter anderem eine verlängerbare Sitzfläche, eine verstellbare Höhe und Neigung sowie eine Vier-Wege-Lordosestütze. Sitzdynamiksysteme mit aufblasbaren Kissen bieten seitlichen Halt in den Kurven, Komfortkopfstützen entlasten die Halswirbelsäule in Ruhepausen. Zusätzlichen Komfort bieten eine elektrische Lehneneinstellung, integrierte Massagefunktion und Sitzheizung. Atmungsaktive Materialien sorgen für ein optimales Sitzklima.

„Auch der rückenfreundlichste Sitz kann nur optimal unterstützen, wenn er richtig eingestellt ist“, betont Detjen. „Viele Menschen nutzen beim Autofahren die vorhandenen Einstellmöglichkeiten nicht ausreichend. Dabei kann schon eine kleine Anpassung große Wirkung haben.“ Ein Anleitungs-Video auf der AGR-Website zeigt, wie´s geht.

Von Ergonomie bis KI: der intelligente Wellness-Autositz der Zukunft

Der Autositz der Zukunft verspricht noch mehr. Es ist anzunehmen, dass durch das autonome Fahren zusätzliche Komfortfunktionen möglich werden. Zudem sind innovative Technologien wie sensorgesteuerte Anpassungen an individuelle Körperformen und Autositze, die das Beckenpendeln beim Gehen simulieren, bereits in der Entwicklung. „Wir stehen vor einer Revolution im Bereich der Autositzergonomie und -funktion“, prognostiziert Detjen.  „Künftige Sitzsysteme werden vermehrt medizinische Daten auswerten, wie Herzfrequenz, Atemrhythmus und Blutzuckerspiegel, um z. B. Ermüdungserscheinungen frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.“ Schon heute kooperieren Autohersteller mit Herstellern von Fitnessuhren oder experimentieren mit Brain-Computer-Interfaces, um den Innenraum des Autos der Zukunft optimal an die Bedürfnisse der Passagiere anzupassen. Das Konzept der umfassenden Gesundheitsdienstleistungen im Auto, bis hin zur Früherkennung von Erkrankungen, wird unter dem Begriff „Automotive Health“ zusammengefasst.

Aber selbst wenn solche „mitdenkenden“ Sitze auf der Straße angekommen sind, rät der AGR-Experte: „Machen Sie regelmäßig Pausen während langer Fahrten und nutzen Sie diese für kurze Bewegungsübungen. Ihr Rücken wird es Ihnen danken!“ Eine Anleitung für Gymnastik während der Autofahrt oder auf dem Rastplatz gibt es neben vielen weiteren Tipps, unter anderem zur richtigen Sitzeinstellung, auf: www.agr-ev.de/autositze

Muss jede Bandruptur am Knie operiert werden?

Ein Bänderriss am Knie ist schmerzhaft, schränkt die Funktion ein und es braucht lange, um wieder in den Sport zurückzukommen. Doch muss jede Bandruptur am Knie operiert werden? Wo sind die Möglichkeiten, wo die Grenzen der einzelnen Therapien? Darüber referiert Prof. Dr. Thomas Tischer, Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie / Klinikleiter am Malteser Waldkrankenhaus St. Marien, auf dem 15. Zeulenrodaer Kongress für Orthopädie und Sportorthopädie. „Ein ganz klares Nein“, sagt Prof. Tischer, „nicht jedes gerissene Band am Knie muss operativ versorgt werden. Während das innere Seitenband meist konservativ behandelt wird, braucht es für das laterale Seitenband oft eine OP.“ Ebenso beim Vorderen Kreuzband – bei jungen aktiven Menschen wird hier meist operativ heran gegangen. Beim hinteren Kreuzband wiederum oft konservativ.

Der Klassiker unter den Rissen ist das Vordere Kreuzband (VKB), oft passiert es zum Beispiel im Fußball oder Ski alpin. Während es bei der Ursache auch geschlechterspezifische Unterschiede, wie zum Beispiel die Beinstellung oder neuromuskuläre Faktoren, gibt, erfolgt die Operation für alle nach dem gleichen Prinzip. Dabei geht es nach dem individuellen Anspruch, den die Patienten haben. Je intensiver sie das Knie „nutzen“ wollen (z.B. in bestimmten Sportarten), desto entscheidender ist das für die Therapie. Dies gilt auch für über 50- und 60Jährige. Empfinden Betroffene dagegen wenig Instabilität, treiben keinen Sport und haben keinen Bewegungsanspruch, kann mitunter auch konservativ behandelt werden. „Allerdings ist die Gefahr hoch, im späteren Verlauf Schäden an Meniskus und Knorpel zu erleiden“, so Tischer.

Das Hintere Kreuzband (HKB) ist besser von Schleimhaut umgeben und von Blutgefäßen versorgt. Hier helfen beispielsweise Schienen und Orthesen. Die initiale Heilung dauert im Schnitt sechs bis 12 Wochen, dann kann das Training langsam hochgefahren werden.

Bei einer – ebenso häufigen – Innenbandverletzung (durch Hängenbleiben oder einem gegnerischen Sprung ans Knie), hilft auch eine Orthese mit Bewegungslimit und Ruhigstellung.  

Bei einer lateralen Verletzung ist häufig eine Krafteinwirkung außen gegen das Knie die Ursache, zum Beispiel im Motorsport. Oft geht diese Verletzung mit einem Riss am HKB einher. Wie beim VKB auch wird in diesem Fall eine Sehne entnommen und ersetzt.

Normales Gehen ist nach diesen Operationen meist nach 4 Wochen möglich. Es folgt ein gezieltes Aufbautraining. Fünf bis sechs Monate später kann mit dem Training in der jeweiligen Sportart begonnen werden. Und nach neun bis zwölf Monaten geht es in den Sport zurück.

Tiergestützte Ergotherapie mit Hund

Tiergestützte Therapien sind nicht etwa ein Modetrend, sondern ein wirkungsvolles Hilfsmittel, beispielsweise in der Ergotherapie. Eine maßgebliche Voraussetzung: sowohl Tier als auch Ergotherapeut:in sind speziell ausgebildet und qualifiziert. „Einen Hund bei der ergotherapeutischen Intervention einzusetzen hilft, die Patient:innen und Klient:innen in einen Zustand der Entspannung zu bringen und sie so für eine zielführende Behandlung vorzubereiten; ein Hund kann aber auch Eisbrecher sein oder Möglichkeiten eröffnen, die zuvor nicht da waren“, erklärt Anja Junkers, DVE (Deutscher Verband Ergotherapie e.V.), den Sinn der tiergestützten Ergotherapie. Sie setzt wie die meisten Ergotherapeut:innen Hunde ein, um die Therapie zu beschleunigen, effizienter zu machen oder weitere Benefits für Betroffene zu bewirken.

Immer öfter kommen Hunde als sogenannte Therapiebegleithunde bei Ergotherapeut:innen zum Einsatz, sofern die Patient:innen und Klient:innen damit einverstanden sind und Hunde mögen. „Es ist wissenschaftlich belegt, dass Streicheln, Spielen und andere Interaktionen mit Hunden das Stressempfinden von Menschen herunterregulieren. Gleichzeitig wird im Gehirn das Hormon Oxytocin ausgeschüttet, was ein Wohlbefinden erzeugt und die Konzentrationsfähigkeit erhöht“, erklärt die Ergotherapeutin Anja Junkers den Effekt von Therapiehunden. Lernen, das Entwickeln von Verhaltensstrategien und das Verankern neuer Verhaltensmuster sind unter Stress gehemmt. Befassen sich Patient:innen jedoch mit dem Hund, führt das zuvor erklärte Wirkprinzip zu Entspannung, die ergotherapeutischen Angebote können greifen.

Hund ja oder nein? Ergotherapeut:innen wägen sorgfältig ab Ob ihre Intervention mit oder ohne Therapiehund sinnvoller verlaufen kann, erwägt die Ergotherapeutin nach den ersten Terminen: Dem Anamnesegespräch, in welchem es um die Vorgeschichte der aktuellen Erkrankung oder Situation geht und einem Assessment. Die Fragen im Assessment dienen dazu herauszufinden, was Patient:innen wichtig ist, welche Aktivitäten sie durch ihre Erkrankung nicht mehr ausüben können und welche Ziele sie haben. Die Ergotherapeutin stellt danach ihre Überlegungen an: „Was benötigt der Mensch, der gerade vor mir sitzt – unabhängig von der Diagnose, die auf seiner ärztlichen Verordnung steht – und ist das Einbeziehen des Hundes die bestmögliche Herangehensweise“? Ist sie nach den ersten Kennenlernterminen der Meinung, die Therapie könnte tiergestützt eine positive Auswirkung auf ihre Patientin oder ihren Patienten haben, die Qualität der Behandlung verbessern und sie effektiver verlaufen lassen, klärt sie, ob die folgenden Termine in Gegenwart des Hundes stattfinden dürfen. Wer bereit ist für die tiergestützte Ergotherapie, überlegt gemeinsam mit seiner Ergotherapeutin oder seinem Ergotherapeuten, wie der Hund das Erreichen der festgelegten Ziele beschleunigen kann: Ist der Plan etwa, mit dem Hund rauszugehen, U-Bahn fahren zu üben oder einkaufen zu gehen und durch den Hund mehr Selbstsicherheit zu erlangen? Dann kann die Intervention starten – immer mit dem Hund an der Seite.

Dem Hund zuliebe: Handlungsunfähigkeit überwinden Die Ergotherapeutin hat ihren Therapiehund schon bei den unterschiedlichsten Diagnosen einbezogen. So etwa bei einer Patientin mit Schlaganfall, die sich selbst nichts mehr zutraute. Ein (Erfolgs-)Erlebnis mit dem Hund war maßgeblich für ihren Sinneswandel und Wendepunkt für die Therapie. An einem Schlechtwettertag hatte die Patientin, die von sich dachte, sie könne ihren Haushalt nicht mehr selbst führen, die Idee, Plätzchen für den Hund zu backen. Nach dem gemeinsamen Einkauf mit der Ergotherapeutin buk sie und freute sich von Herzen über die Freude des Hundes, der die liebevoll hergestellten Leckerli sehr mochte. In der Reflexion nach der Stunde zeigte sich die Patientin ganz überrascht, wie leicht ihr sämtliche Handlungen gefallen waren. Dadurch, dass sie selbstständig war, erhielt ihr Selbstvertrauen einen enormen Schub – es kam eine neue Dynamik in die Therapie. Die Ergotherapeutin dazu: „Ist der Hund als Medium zwischengeschaltet, gibt es keine Erwartungen oder Vorschläge. Der Hund steht hierarchisch betrachtet unter dem Menschen, wodurch sich Patient:innen selbstwirksam erleben: Sie entscheiden aus einer Position der Kraft heraus und in ihrer eigenen Geschwindigkeit, was der Hund für sie – oder wie im Fall der Patientin mit Schlaganfall – sie für ihn tun kann“.

Hund als Türöffner: Möglichkeiten herbeiführen, die es sonst nicht gibt Bei Kindern kann es ungeahnte Effekte haben, sich mit dem Hund draußen zu zeigen. Junkers berichtet in diesem Zusammenhang von einem ihrer Palliativkinder, das in ein neues Dorf umgezogen war. Die Dorfbewohner und auch alle Kinder hielten von Anfang an Abstand – das Kind in seinem E-Rolli mit Sauerstoffversorgung war ihnen suspekt. Doch schon der erste Besuch des Spielplatzes zusammen mit der Ergotherapeutin und in Begleitung des Therapiehundes wendete das Blatt: Die spielenden, gesunden Kinder wollten gerne den Hund streicheln und kamen so mit dem Kind im Rolli ins Gespräch, fragten, was es hat und was der Hund tut. Durch die Annäherung über den Hund entstanden Freundschaften, die von den Kindern zu den Eltern übertragen wurden. „Der Therapiehund hat in diesem Fall das Eis gebrochen und die Integration der gesamten Familie in das neue Umfeld ermöglicht, was mit der Anwesenheit einer Therapeutin ohne Hund an der Seite des Kindes vermutlich so nicht eingetroffen wäre“, schildert die Ergotherapeutin, wie es hier zu einem kleinen Wunder kommen konnte.

Dank Hund: Wende in der Therapie und neue Erkenntnisse zum Patienten Ein weiteres, wirkliches Wunder geschah mit einem Kind mit Autismus-Spektrum-Störung, das zeit seines Lebens nicht gesprochen hat; es war keinerlei Kommunikation mit dem Neunjährigen möglich. Um einen neuen Ansatz zu versuchen, kam ein Therapiehund ins Spiel und um diesen zu schützen, musste der Junge seine Schuhe ausziehen. Zum großen Erstaunen der anwesenden Therapeut:innen fing er an, mit seinen Füßen den Hund zu streicheln; im Takt der Rutenbewegungen des Hundes klopfte er mit dem Knie auf den Boden. Nach mehreren Jahren Therapie, die sich mittlerweile mehr oder weniger im Stillstand befand, zeigte sich durch die Anwesenheit des Hundes ein Weg, mit ihm zu kommunizieren. Es wurde vereinbart, wie oft er für „ja“ und wie oft für „nein“ klopfen sollte. Die Erkenntnis, dass der autistische Junge seine Füße einsetzte, um zu spielen und in Kontakt zu kommen, öffnete den Weg, um mit ihm eine Form der Spielentwicklung zu beginnen und ihn dadurch auch durch andere Therapieformen zu fördern. Er konnte mit Logopädie beginnen und mit Musiktherapie.

Weiterbildung zur tiergestützten Ergotherapie: von Ergotherapeutin zu Ergotherapeut:in Anja Junkers hat eine Übersicht entwickelt, die sie gerne an die Teilnehmenden ihrer Weiterbildungsveranstaltungen weitergibt. Mithilfe dieser Matrix klärt sie auch für sich selbst, wann der Einsatz des Hundes die richtige Entscheidung ist. „Das ist die zentrale Frage“, betont sie. Neben den für die ergotherapeutische Intervention und mögliche Herangehensweisen wichtigen Informationen spricht die Ergotherapeutin bei ihren Veranstaltungen über die rechtlichen Aspekte, die zu beachten sind. Darüber hinaus geht es auch darum, wie die Hunde auszubilden sind – das ist eine grundlegende Voraussetzung – und wie ihr Einsatz, auch zeitlich, aussehen soll. Dabei spielen tierethische Überlegungen eine große Rolle, denn der Arbeitseinsatz eines Tieres sollte nie auf dessen Kosten gehen. Schließlich ist der Hund Co-Therapeut und soll neben seinem Job als solcher auch ausreichend Zeit haben, um seiner Hauptaufgabe nachzugehen: Hund sein. Nur wenn er genauso entspannt und glücklich ist, wie er die Patient:innen entspannt und glücklich macht, wird aus der tiergestützten Ergotherapie mit Hund eine runde Sache.

16.09.2024 DGA | Quelle: Deutscher Verband Ergotherapie e.V.



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